Big-Band der Elisabeth-Selbert-Gesamtschule

Martinszüge 2014

Für jeden Tag gibt es einen Laufplan, der an der Tür des Orchesterbüros hängt.  Foto: Martin Schlu © 2014

Für jeden Tag gibt es einen Laufplan, der an der Tür des Orchesterbüros hängt.
Foto: Martin Schlu © 2014

Im Vorfeld sind Ende Oktober bereits 27 Kapellen bestellt worden – soviel wie noch nie – und das Einzugsgebiet unserer Martinskapellen umfasst dieses Jahr die Bonner Innenstadt, Beuel, Vilich, Kessenich, Dottendorf, Pennenfeld, Rheinbach, Meckenheim, Remagen, Sankt Augustin und diverse Kindergärten und Grundschulen zwischen Kessenich und Lannesdorf, in denen unsere Kinder gewesen sind und wo sie natürlich auch spielen wollen. Etliche Noten wurden neu erstellt und bereits im Sommer habe ich mit dem Stadtdechanten zusammen gesessen und wir haben gemeinsam ein Liederheft für die Bonner Schulen geplant, das Ende Oktober alle Schulen mit zwei Klassensätzen bekommen haben. Die Verlage haben zugestimmt, dass die Lieder im Internet veröffentlich werden und so wird man dieses Jahr mit den meisten Kapellen zusammen spielen können, weil ja alle die gleichen Sätze haben. Außerdem haben wir die Zeit nach den Ferien damit verbracht mit den neuen Orchesterkindern zu üben und so sehen wir dem Novemberanfang ganz gelassen entgegen. Für den ersten Tag, einen Kindergartenzug, habe ich mir frei genommen, weil ich mit meiner Tochter endlich mal ein Möbelpaket aus dem Laden mit den vier Buchstaben zusammenbauen will und für einen Kindergarten reichen  auch vier Bläser und eine Trommel.

Erster Tag: Am Montag (3.11.) bin ich gerade bei meiner Tochter angekommen, als das Handy zappelt. Peter (Schlagzeug) ist zwar in Dottendorf, wo der Kindergarten ist, aber er ist an der falschen Stelle. Ich erkläre ihm, wo er hin muss, stelle fest, dass er nix zum Trommeln hat und rufe Marek an, dessen Mutter ja auf dem Weg in die Schule ist und die Trommel mitnehmen kann. Gerade hab eich mir einen Schraubenzieher geholt, da meldet sich Peter wieder: Er ist am falschen Kindergarten und ob ich mit der Trommel Bescheid gesagt habe….

Etwas genervt beschreibe ich ihm noch einmal, wo er hin muss und lege auf. Sofort geht das Telefon wieder und Marek sagt, sie hätten zwar eine Trommel, aber die falsche und es wäre Stau und die Mutter könnte nicht noch einmal fahren. Im 4. Telefonat gebe ich Peter die Adresse durch, im 5.Telefonat sagt Marek, dass Peter noch nicht da ist, obwohl es gleich los ginge. Es erfolgt noch ein 6. und 7.Telefonat und als Peter um kurz vor sechs endlich am Kindergarten ist, sind die Kinder und Eltern bereits losgegangen – ohne ihn und ohne eine Trommel. Ich atme tief durch und sage ihm, er solle besser nach Hause gehen und vielleicht morgen im Büro mal einen Laufplan und eine Trommel abholen. Zwischen sieben Telefonaten in einer halben Stunde ist trotzdem noch der Schrank fertig geworden – ein kleines Wunder.

Zweiter Tag: Am Dienstag (4.11.) beginnt es morgens zu regnen und es hört auch nicht mehr auf. Kurz vor zwölf hole ich einen Kleinbus ab, denn ich werde mit etwa zehn Leuten in ein Heim für schwerstbehinderte Kinder fahren, damit der Martinszug zu ihnen kommt. Eine andere Besetzung wird unterdessen in Ippendorf die Grundschulkinder bespielen. Am Mittag ist noch eine Konferenz für den am Samstag stattfindenden Tag der offenen Tür angesetzt und die hört einfach nicht auf, so dass wir erst um halb fünf wegkommen. Doch alle sind da, wir steigen ein und fahren ab.

Drei Kinder wohnen in Meckenheim, sind schon um eins nach Hause gefahren und werden direkt ins Kinderheim kommen. Es ist nur wenig Stau in Pech und so sind wir um fünf Uhr da (losgehen soll es um halb sechs). Der Regen ist mittlerweile stärker geworden und die Heimleitung beschließt darum sofort zu starten. Also starten wir, machen wegen des Wetters nur eine kleine Notrunde durch den Wald und sind um halb sechs wieder am Heim. Nun sollen wir noch bei einem gemütlichen Beisammensein spielen, was etwas ungemütlich wird, weil alle klatschnass sind und so wird die Holzwerkstatt aufgeschlossen, wir tröten noch ein paar Lieder und da kommen endlich die drei fehlenden Kinder (die pünktlich gewesen wären, wenn wir auch später gestartet hätten..) C’est la vie. Kaum sind wir wieder im Bus auf dem Weg zur Schule, hört der Regen auf – in Vilich war es wohl ähnlich.

Dritter Tag: Am heutigen Mittwoch (5.11.) sind drei Kapellen angesetzt, zwei in Vilich auf dem Stadtteilzug, die dritte in Sankt Augustin-Mülldorf. Schnell werden noch Rechnungen geschrieben und die Verträge für 2015 und 2016 ausgedruckt, die nach Vilich mit gegeben werden – es erspart Hektik kurz vor dem Beginn der Züge, wenn man rechtzeitig weiß, welche Kapelle wann wo sein sein soll. Spätestens um vier sollten wir fahren und weil wir dieses Mal nach St. Augustin müssen, ist eine halbe Stunde nicht zu knapp kalkuliert. Gerade als wir los wollen, kommt ein sonst sehr netter Kollege  und braucht unbedingt eine Tonanlage und bis ich ihm ungefähr beschrieben habe, wo was steht und was er benutzen kann, ist eine Viertelstunde weg, ich bin etwas genervt und der Zeitplan ist für die Katz.  Also kommen wir auf den letzten Drücker (am nächsten Tag wird mir der Kollege sagen, dass ihm ein paar Teile gefehlt haben und sie es ohne Tonanlage gemacht haben). Der Kindergarten ist rundum vergittert (Problemgegend?) und wir sollen nur drei Lieder spielen, weil die vielen Migrantenkinder nur drei Lieder können. Jetzt stellt sich heraus, dass wir zwar zwei Trommeln haben, aber nur einen Tragegurt. Also rücken Jens und ich unsere Hosengürtel raus, basteln daraus für Jana einen Tragegurt und im Kindergarten findet sich noch ein Trommelknüppel. Musiker können halt improvisieren. Als der Zug losgeht, fängt es an zu regnen und so wird es eine kleine Runde um den Block. Der Sankt Martin hat aus Sparsamkeitsgründen auch kein Pferd und geht zu Fuß. Schön ist es trotzdem. Auch Vilich war feucht, aber die dortige Kapellen müssen gut gespielt haben, weil am nächsten Tag bereits die Buchung für 2015 kommt.

Vierter Tag: Am Donnerstag (6.11.) ist alles vergessen. In Beuel kommt die Sonne durch, es ist trocken und wir sollen auf dem großen Innenstadtzug zwei mittlere Kapellen stellen. Das KFG (Beueler Gymnasium) ist mit zwei Kapellen zu etwa achtzig Musikern vertreten und die könnten den Zug mit etwa 4.000 Kindern auch alleine spielen. Man kennt sich, hält einen Klönschnack nach dem anderen und es ist alles sehr familiär. Wir werden mit acht Leuten den Zug eröffnen und eine kleinere Kapelle wird am Ende spielen. Im Stadion sollen sich alle Kapellen treffen und dann gemeinsam am Feuer spielen. Kurz vor Zugbeginn drückt mir der Zugleiter die Buchung für 2015 in die Hand.

In Beuel treffen wir uns im Hellen -  wenn wir im Stadion ankommen, wird es stockdunkel sein. Foto: Martin Schlu @ 2014
In Beuel treffen wir uns im Hellen – wenn wir im Stadion ankommen, wird es stockdunkel sein.
Foto: Martin Schlu @ 2014

Dieses Mal hat der Sankt Martin wieder ein Pferd (letztes Jahr war es im Transporter auf der Autobahn liegengeblieben und Martin musste laufen). Der Zug geht über die Beueler Hauptstraße und endet im Stadion. Wir gehen hinein, spielen mit unseren paar Musikern und dem Chor der Realschule Martinslieder bis zu Abwinken und warten immer auf die KFG-Bläser, doch die kommen nicht. Bis unsere zweite Kapelle kommt, dauert es und bis alles vorbei ist, ist es sieben Uhr durch. Als ich zu Hause bin, fängt gerade die Tagesschau an.

Fünfter Tag: Am Freitag (7.11.) sind zwei Kapellen in Kessenich angesagt und eine in Remagen. Wir haben in den Laufplänen genau aufgeschrieben, wer in welche Kapelle soll, wer welche Trommel einpackt und mitnimmt (siehe Montag) und wer als Kapellenleiter zu sagen hat. Meine Kapelle sieht recht groß aus und klingt auch gut. Später weiß ich, warum – zwei Altsaxe hätten eigentlich in die andere Kapelle gesollt, waren bei mir (mir ist es nicht aufgefallen) und haben natürlich in ihrer Kapelle gefehlt. Peter sagt, es wäre nicht doll gewesen, aber den Leuten hätte es gefallen.  Das Highlight ist das Zusammenspiel mit der Musikschulkapelle – insgesamt dreißig Kinder klingen einfach gut. Auch die Remagener sind zufrieden und wollen wieder buchen – die Kessenicher werden es noch tun.

Doe Saxophongruppe einer Kapelle in Kessenich. Foto: Friedhelm Gördes@2014
Die Saxophongruppe einer Kapelle in Kessenich.
Foto: Friedhelm Gördes@2014

Sechster Tag: Der Samstag (8.11.) bringt erst sechs Stunden Schule, weil wir Tag der offenen Tür haben und danach zwei Dorfzüge im Godesberger Ländchen: In Gimmersdorf hat der Kollege L. einen Sohn im Kindergarten, die brauchen eine vernünftige Kapelle und in Ramershoven bei Rheinbach hat die Feuerwehr ebenfalls um eine Kapelle gebeten. Leider haben wir nur einen Schlagzeuger. Den schicken wir nach Gimmersdorf und für Ramershoven packen wir zwei Trommeln ein und hoffen auf spontane Hilfe. Die funktioniert auch – Maxim spielt nicht Posaune, sondern kriegt die Snare (Marschtrommel) umgehängt und der Papa kriegt einen Crashkurs in „decke Trumm“ (lang – lang – kurz, kurz, lang), bevor uns die Feuerwehr zum Start in das Nachbardorf Peppenhoven fährt.

Schlagzeug und Bläser sind nun zusammen und es klingt. Foto: Angela Bahners @ 2014
Schlagzeug und Bläser sind nun zusammen und es klingt.
Foto: Angela Bahners @ 2014

Es klappt beim Start leidlich, aber manchmal sind Kapelle und Schlagzeug so auseinander, daß man vor Kichern kaum noch spielen kann und es herrscht allgemeine Heiterkeit. Übrigens haben beim Start in Peppenhoven die Musiker und die Feuerwehr noch die Mehrheit gegenüber den Kindern, doch es gibt viele Zwischenstops und bei jedem Stop kommen ein Dutzend Kinder aus den umliegenden Häusern dazu. Als wir nach vier oder fünf Kilometern wieder in Ramershoven sind, haben die Schlagzeuger begriffen, wie es geht, es sind knapp hundert Kinder geworden und es gibt für jeden von uns noch einen Wecken. Im nächsten Jahr sollen wir wiederkommen.

Siebter Tag: Nein, am Sonntag ist zum Glück spielfrei, aber weil heute der 25. Jahrestag des Mauerfalls ist, weiß ich natürlich auch, wo ich den ersten Bericht über Menschenmassen an der Berliner Mauer gehört habe. Es war an Bord der „Rheinnixe“, der Fähre zwischen Bonn und Beuel und ich kam gerade vom Martinszug durch die Bonner Innenstadt…. Morgen sind wir auch dort.

Achter Tag: Am Montag (10.11.) ist die Bonner Innenstadt mit zwei Kapellen angesagt, außerdem haben die Venusberger eine Kapelle gebucht. Im Vorfeld haben wir schon gesagt, dass der Innenstadtzug Priorität hat, weil ich im Sommer bereits mit dem Stadtdechanten Lieder ausgesucht und eine Grobplanung auf den Weg gebracht habe und daß am Zugende alle Kapellen mit ca. 100 Mann zusammenspielen sollen, ist auch schon klar. Also schicken wir 25 Musiker nach Bonn und eine mittlere Kapelle auf den Venusberg.

Zwei Autos können wir in der Nähe des Hofgartens am benachbarten Albertinum parken, laden Trommeln und Instrumente aus und sind um fünf spielbereit vor der Uni. Mit den anderen Kapellenleiztern verständige ich mich kurz über das Finale am Rathaus und dann geht der Zug auch schon los. Schneller als sonst sind wir am Rathaus (in der Innenstadrt sind viele Baustellen, so dass der Zzugweg geändert wurde) und so sind wir nach einer guten hakben Stunde bereist am Ziel. das Feuer brennt, Sankt Martin reitet und nach und nach füllt sich die Rathaustreppe mit Bläsern: Die Wormersdorfer Spielmanskapelle, die Burgbläser Rheinbreitbach, die Beueler Stadtsoldaten, das KFG-Orchester und unsere Mannschaft. Dass ich 100 Mann dirigieren soll, wußte ich schon – dass es hinterher 150 Musiker sind, freut aber unglaublich und der Klang ist einfach toll. Nach fünf Strophen Sankt Martin ist Schluss. „Habt Ihr denn auch Weckmänner gekriegt?“ fragt der Stadtdechant und als ich sage, die wären schon weg gewesen, verspricht er, uns zwei Kisten in die Schule zu schicken (was am nächsten Tag auch passiert ist). Danke schön, Monsignore Schumacher!

Die Martinslaternen auf dem Bonner Marktplatz. Foto: Arnulf Marquart-Kuron@2014
Die Martinslaternen auf dem Bonner Marktplatz.
Foto: Arnulf Marquart-Kuron@2014

Neunter Tag: Am Dienstag (11.11.) ist nicht nur Karnevalsanfang, Martinstag und der Kessenicher Zug der Till-Eulenspiegel-Schule, sondern auch Elternsprechtag, so dass ich nach dem Unterricht noch von zwei bis halb acht in der Schule bin. Zwei Kapellen finden also ohne mich statt, aber das klappt auch. Die Till-Eulenspiegel-Schule in Kessenich braucht immer zwei Kapellen, weil sie so viele Schüler haben und am Ende kriegen die kleinen und die großen Kinder Kinderpunsch und Weckmänner.

Zehnter Tag: Am Mittwoch (12.11.) sind wir in Dottendorf. Dort stellen wir zwei Kapellen mit etwa 25 Musikern und treffen wieder jede Menge Bekannte, u.a. Lother Reiche-Ebert und seine Musikschüler. Wieder spielen wir am Feuer zusammen und es macht Spaß, bis der Regen anfängt. Ratzfatz ist die Wiese vermatscht und meine Schuhe sehen danach aus wie Sau. Trommeln und Instrumente trocknen danach in der Schule.

Elfter Tag: Am Donnerstag (13.11.) haben wir zwei Kindergärten, (Innenstadt und Rheinaue/Studentenwerk) und einen Zug in der Lannesdorfer Grundschule. Pro Kapelle haben wir etwa zehn Musiker, die anderen zwanzig haben spielfrei und einige sind krank. Die Lyngsbergschule hatte uns ein paar Jahre nicht gebucht, weil es zeitlich nicht paßte, doch sie freuen sich, daß wir jetzt da sind und fragen direkt für 2015 nach.

Der Kindergarten in der Innenstadt hat aiuch ein großes Martinsfeuer. Foto: privat@2014

Der Kindergarten in der Innenstadt hat aiuch ein großes Martinsfeuer.
Foto: privat@2014

Zwölfter Tag: Am Freitag (14.11.) sind wir in bei der Telekom in Beuel. Die haben für Ihre tausende Mitarbeiter eine Kindertagestätte und das ist einer der ganz süßen Züge: kleine, staunende Kinder, leises Gekrähe bei einigen Liedern und jede Menge Eltern, die ihre Kinder begleiten. Die Eltern haben die Mehrheit bei dem Zug und während ihre Kinder singen, werden bestimmt nebenbei noch geschäftliche Dinge erledigt.

Die Telekom-Strolche staunen über die Musiker Foto: Paap© 2014

Die Telekom-Strolche staunen über die Musiker
Foto: Paap© 2014

 

Dreizehnter Tag: Am Samstag (15.11.) ist das Finale in Schweinheim. Etwa ein Dutzend Musiker laufen auf diesem Zug in einer Kapelle und es geht ständig bergauf und bergab, so daß ich dort mit der Tuba schon öfter aus der Puste gekommen bin – diesen Termin schenke ich mir also und kümmere mich an diesem Abend lieber um das Enkelchen. Trotzdem ruft ein Felix um halb fünf an und ist ganz verunsichert, weil er schon Kinder mit Laternen gesehen hat, die nach Hause gegangen sind. Nein, Schweinheim ist immer spät und vor sechs Uhr passiert da nicht viel.

Nun ist Schluß – nach dreizehn Tagen mit zwanzig Zügen und siebenundzwanzig Kapellen mit insgesamt fünfzig Musikern wissen wir, was wir getan haben. Im nächsten Jahr haben alle Trommeln das Schullogo und die Webadresse aufgedruckt – eine Reklame für die Schule sind wir immer. Übrigens haben es unsere Sätze bis nach Karlsruhe geschafft, dort hat eine ortansässige Big-Band sie auf dem zentralen Zug gespielt und uns dafür drei Lieder geschickt, die wir noch nicht kannten.

http://www.ka-nordweststadt.de/bilder/st-martin-2014/

(Martin Schlu)

Links für das nächste Jahr:

Repertoireliste – Martinszugvertrag – Planungsdatei

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